Die Pfarrkirche St. Hubertus Mardorf ist eine Dorfkirche, die in ihrer Geschichte eine Vielzahl von interessanten Aspekten aufwirft, beginnend bei ihren Anfängen vor rund 750 Jahren als Teil einer Wehranlage, über ihre Architektur- und Baugeschichte im 18. Jahrhundert, bis zu ihrem vielfältigen Ausstattungsprogramm.
Die Architektur der heutigen Pfarrkirche entstand in den Jahren zwischen 1713 und 1722. Dem mächtigen Wehrkirchturm wurde an der Südseite ein stattlicher Rechteckbau angefügt. Die Pläne für diesen Kirchenneubau können nicht zweifelsfrei zugeordnet werden. Die Vermutung liegt nahe das der landgräfliche Hofbaumeister Louis de Ry aus Kassel die Pläne entwickelte. Die Konsekration der Pfarrkirche und ihrer drei Altäre fand bereits am 27 September 1726 statt. Der Mainzer Weihbischof Ignaz von Gudenus weihte den Hochaltar zu Ehren des Hl. Bonifatius, des Erzengels Michael, und des Hl. Bonifatius. Der Nebenaltar auf der Evangelienseite wurde zu Ehren des Hl. Cyrakus und der Nebenaltar auf der Epistelseite zu Ehren der Hl. Katharina geweiht.
Die Mardorfer Pfarrkirche präsentiert sich als festlicher Saal, dessen Schiff sich in einem Korbbogen zum eingezogenen Altarraum öffnet. Blickpunkt und zentrales Objekt des Innenraumes ist der in den Jahren 1736 bis 1737 von Christoph Jagemann ausgeführte mehrstöckige Hochaltar aus Stuckmarmor, der die ganze Ostwand des Chorraumes in Höhe und Breite einnimmt. Die farbliche Gestaltung des Hochaltars lebt vom Kontrast des monochromen Weiß der Skulpturen und des Altarblattes zu den schwarz marmorierten Säulen und den in rot gehaltenen Pilastern, Gesimsen und Basen des Architekturaufbaus, welche durch goldene Akzente belebt werden. Die Seitenaltäre, die vor der Chorbogenwand die nord- und südöstliche Ecke des Gemeinderaumes in schräger Aufstellung einnehmen lehnen sich in Aufbau und Farbwahl harmonisch an den Hauptaltar an. Sie wurden in den Jahren 1751 – 1753 verfertigt. Das Altarbild des nördlichen Altars, der der Hl. Katharina geweiht ist, zeigt eine Immaculatadarstellung , die dem Bildhauer und Maler Franz Joseph Ignaz Anton Heydeloff zugesprochen wird. Der südliche Nebenaltar entspricht seinem Pendant an der nordöstlichen Ecke. Das heutige Altarbild, das den Hl. Josef mit dem Jesuskind zeigt, stammt nicht aus der Ausstattungsphase des 18.Jahrhunderts, es wurde erst im Jahre 1937 von Hermann Wirth verfertigt und in den bestehenden Seitenaltar integriert.
Quelle: Kirchenführer der Pfarrkirche St. Hubertus zu Mardorf
Zentrum der dörflichen Wehranlage Mardorfs bildete bis zum 14. Jhd. der Kirchhof, der als innerer Befestigungsring die Kirche mir Ihrem mächtigen Wehrturm umgab. In erster Linie als geweihte Begräbnisstätte konzipiert, wurde er im Rahmen der Befestigungsmaßnahmen des 14. bis 16. Jahrhunderts zur dörflichen Verteidigungsanlage ausgebaut und diente den Dorfbewohnern als letzte Zufluchtsstätte im Falle eines Angriffs. Das Turmuntergeschoss diente der als sakraler Ort und war Treffpunkt für die Gemeinde. Mit seinen Ausmaßen und seinem wuchtigen Aussehen gibt er auch heute noch einen bruchstückhaften Eindruck vom wehrhaften Charakter der ehemaligen Befestigungsanlage Mardorfs.
Die Wandmalereien zur Verehrung der Hl. Elisabeth im Untergeschoss des Wehrturms sind ältesten bekannten Darstellungen der Hl. Elisabeth und daher von großer Bedeutung. Schon 1933 von dem Giessener Kunsthistoriker Dr. Meyer-Barkhausen wiederentdeckt sind sie in den Jahren 2002 - 2004 umfangreich restauriert worden. Zum Schutz der Wertvollen Wandmalerein wurde die Nutzung des ehemaligen Chorraumes als Sakristei ausgeschlossen. In Umwandlung zu Andachtsraum und Taufkapelle wurde er wieder in seine ursprüngliche Funktion zurückgeführt. Die Wandmalereien sind in der Zeit um 1270 zu datieren. Zu sehen sind: die Hl. Elisabeth bei der Austeilung von Brot an die Hungrigen, der gastlichen Aufnahme von Bettlern, bei der Fußwaschung eines Kranken und bei der Pflege von Bedürftigen. Im Weiteren sind Szenen aus den Geschichten des Hl. Cyracus, des Hl. Nikolaus und des Hl. Christopherus dargestellt und Darstellungen des Hl. Martin der den Mantel teilt.
Quelle: Kirchenführer der Pfarrkirche St. Hubertus zu Mardorf
Die Orgel ist unbestreitbar eines der faszinierendsten und komplexesten Musikinstrumente, die wir kennen. Es ist auch ein Instrument, dessen Geschichte über 2000 Jahre zurückreicht und das über die vielen Jahrhunderte gravierende musikalische und technische Veränderungen erfahren hat.
Bei der Neuausstattung von Kirchenräumen mit neuen Orgeln wird oft und gerne argumentiert, dass die relativ hohen Investitionskosten hierfür sich durch die Langlebigkeit des Produkts rechtfertigen. Tatsächlich können Orgeln über Jahrhunderte überdauern, manchmal nicht in allen Teilen aber in vielen Fällen in ihrem wesentlichen Bestand. Daher kennt man auch in der breiten Öffentlichkeit sehr bedeutende Orgelbauer, deren Werke auch für nicht dezidiert Orgelinteressierte von großem touristischem Interesse sind. Namen wie Schnitger in Norddeutschland oder Silbermann im Elsaß (oder Sachsen – es gibt zwei Brüder, Andreas und Gottfried) sind auch vielen Nichtmusikern bekannte Begriffe. Fast überflüssig ist es anzumerken, dass deren Instrumente bereits vor mehreren Jahrhunderten gebaut wurden.
Andererseits ist festzustellen, dass viele Orgeln bereits nach einer Generation umgebaut, verändert oder manchmal sogar ganz entfernt werden. Dies hängt oft von technischen Entwicklungen oder auch vom musikalischen Geschmackswandel ab. Manchmal hatte man auch einfach einen schlechten Orgelbauer beauftragt. Leider wird aber allzu oft nicht die eigentliche Substanz des Instrumentes wirklich geprüft sondern aus kurzfristigen Interessen heraus der Langzeitaspekt vernachlässigt.
So war auch in Mardorf zunächst längere Zeit der Neubau eines Instrumentes im Gespräch. Dem Mitarbeiter der Firma Woehl, Kilian Gottwald, ist zu danken, dass im Verlaufe der Maßnahme mehr und mehr über dezidierte Kosten-Nutzen-Rechnungen und die Möglichkeiten einer Sanierung und Aufwertung des vorhandenen Instrumentes nachgedacht wurde. Der Begriff Sanierung ist hier in einem umfassenden Sinne zu verstehen. Das Instrument ist nicht so geschlossen und hochwertig, dass man eine „Restaurierung“ im eigentlichen Sinne angehen konnte, wenngleich historische Substanz vorhanden ist, die wieder mehr zur Geltung kommen soll. In Mardorf war eher eine kreative Lösung im Umgang mit dem vorhandenen Material gefragt. Durch Registerumstellungen, -ergänzungen und eine komplette technische Sanierung des Instrumentes ergaben sich so völlig neue Perspektiven, die zu einem Konzept führten, das die vorhandene Substanz vollkommen neu interpretiert und den Zuhörer am Ende überraschen wird. So wird nach der Umarbeitung das Klangbild deutlich an Fülle und Gravität, aber auch an Brillanz gewinnen. Betont werden sollte hier die neue Prinzipalchorintonation, die Aufwertung des Schwellwerks, was die Darstellung von Orgelmusik aus der Romantik begünstigen oder erst ermöglichen wird und die neue Pedalbasis, ein Untersatz 32’, der für die Mardorfer ein ganz neues „Orgelerlebnis“ garantieren wird. Dies alles wird auch durch die neu eingefügten technischen Hilfsmittel, die Sub- und Superkoppeln begünstigt. (siehe Dispositionsaufstellung)
Damit kann vorhandene brauchbare Substanz gesichert, der historische HelbigBestand (Pfeifen und Gehäuse von 1862) wieder aufgewertet und ein Resultat erreicht werden, das den ursprünglichen Wunsch nach einer „neuen Orgel“ ohne Zweifel befriedigt.
Um Fehlinterpretationen vorzubeugen: Es gibt in der Orgelgeschichte ganz herausragende Beispiele von Überformungen von vorhandenen Orgeln, beispielsweise sind einige der ganz herausragenden Instrumenten von Cavaillé-Col in Frankreich durch Überformung von Cliquot-Orgeln entstanden. In diesem Falle ist natürlich das künstlerische Niveau der Ausgangssubstanz ein ganz anderes. Allerdings bleibt die Vorgehensweise die gleiche.
So zeigt dieses Beispiel sehr plastisch und eindrucksvoll, dass es oft für das „Neue“ förderlich ist auf vorhandenem aufzubauen, die Arbeit und Leistung der früheren Generation sorgfältig zu würdigen, und darauf aufbauend etwas Neues zu schaffen, das sich in die historische Entwicklung wirklich einbettet.
Hans-Jürgen Kaiser
August 2008
Neuorganisation und Teilrestaurierung der Orgel
Die Renovierung der prächtigen Barockkirche St. Hubertus, Amöneburg-Mardorf fand mit den Arbeiten an der Orgel ihren krönenden Abschluss. Das bestehende Instrument der Fa. Schmidt, Gelnhausen war nicht nur verschmutzt, sondern hatte klanglich den Anforderungen an das liturgische Orgelspiel wohl nie optimal entsprechen können. Nach Vorschlag der renommierten Orgelbauwerkstatt Woehl, Marburg, wurde das erst gut dreißig Jahre alte Instrument daher vollständig überarbeitet und erweitert.
Ziel war es, unter größtmöglicher Verwendung des substantiell guten Bestandes dem Instrument einen volleren, warmen und gleichermaßen kraftvollen wie poetischen Klang zu geben. Das Tonnengewölbe über der Orgel ist dafür akustisch überaus günstig. Ein besonderer Glücksfall war es, dass innerhalb des Werkes ein historisch wertvoller Pfeifenbestand entdeckt wurde, der möglicherweise noch aus der Barockzeit stammt und vielleicht von Friedrich Helbig 1862 aus der Vorgängerorgel von Daniel Mütze (1720) übernommen worden war. Diese Pfeifen des sog. „Prinzipalchores“, also die Hauptstimmen einer Orgel, rücken mit ihrem klaren, singenden Klang nun wieder sorgfältig restauriert in den Mittelpunkt. Durch die Aufmerksamkeit des Verwaltungsrates fanden sich im Kirchturm einige alte Pfeifen einer „Gambe“. Diese zart streichende Stimme konnte ebenfalls restauriert und vervollständigt werden. Eine zweite, neue Pfeifenreihe namens „Unda maris“ („Meereswoge“) bringt diese Gambe in ein wunderbar malerisches Beben. Darüberhinaus wurde auch eine Querflötenstimme eingebaut, die ganz ähnlich dem gleichnamigen Orchesterinstrument klingt. Auch der Bassbereich der Orgel wurde mit einer markanten Trompete, mit neuen Posaunenpfeifen aus Kiefer, die aus dem Dach herausragen und mit einer abgrundtiefen 32‘- Stimme ausgebaut. Ein insgesamt deutlich höherer Winddruck sorgt für Glanz und Festlichkeit.
Insgesamt besitzt die Orgel nun 5 neue, 11 völlig umgeänderte und 10 überarbeitete Register. Durch den Einbau von sog. Oktavkoppeln können die vorhandenen Stimmen oktavversetzt miteinander kombiniert werden. Somit entstehen noch weitere schöne Klangfarbenkombinationen.
Durch diese klangliche Neuausrichtung steht den Organisten und somit vor allem den Gottesdienstbesuchern nunmehr ein außerordentlich farbenreiches Instrument zur Verfügung für eine erbauliche und andächtige Kirchenmusik.
Kilian Gottwald
Der aus Mardorf stammende, ehemalige Bischof Schick (* 1906 - 2000) liegt auf eigenen Wunsch in seiner Tauf- und Primizkirche begraben. Ein in den Bodenbelag eingelassenes Kreuz kennzeichnet seine Ruhestätte. Eine Ausstellung im Foyer der neuen Sakristei zeigt Messgewänder, Mitren, sein Bischofsstab und Stücke aus seinem Privatbesitz.
Gedenket seinem Gebet:
Heilige Elisabeth, lehr uns lieben, lehr uns dienen, immer Christi Armut sehen.
Lehr uns leben, Liebe geben, opfernd Deine Wege gehen.
Mach für fremdes Leid unsere Herzen weit.
Die Vita des Bischofs Prof. Dr. Dr. Eduard Schick
Bischof Schick wurde am 23. Februar 1906 in Mardorf geboren. Nach seiner Gymnasialzeit und seinen philosophisch-theologischen Studien wurde er am 22. Dezember 1928 in Fulda zum Priester geweiht. Nach vierjähriger Tätigkeit als Kaplan in Hattenhof und Kassel legte er 1934 an der Universität Bonn das philologische Staatsexamen ab und war als Referendar und Assessor in Kassel tätig. 1936 wurde er von den nationalsozialistischen Machthabern aus dem staatlichen Schuldienst entfernt. Nach einem weiteren Jahr als Kaplan in Kassel wirkte er bis zu deren Schließung durch das NS-Regime 1938 als Leiter der Bischöflichen Rektoratsschule in Großauheim. Danach setzte er seine theologischen Studien an der Universität Würzburg fort und schloss sie mit der Promotion ab. 1939 wurde er zum Regens des Fuldaer Priesterseminars ernannt, das er während der Kriegs- und Nachkriegsjahre bis 1950 leitete. 1947 wurde Eduard Schick zum Professor für Neutestamentliche Exegese an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Fulda berufen und bekleidete von 1960 - bis 1962 das Amt des Rektors.1957 wurde er zum Domkapitular ernannt. Am 14. April 1962 zum Titularbischof von Aradi (Nordafrika) und Weihbischof von Fulda erwählt, empfing er am 11. Mai die Bischofsweihe. Bischof Eduard Schick nahm an allen Sitzungsperioden des Zweiten Vatikanischen Konzils teil und hat hier mit seinem fundierten biblischen Wissen mehrfach das Wort ergriffen. Als Konzilsteilnehmer und vor allem auch als Präsident für die Neo-Vulgata sowie als Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift hat er ein Stück Kirchengeschichte mitgeschrieben. Nach dem Tod von Bischof Bolte bis zu seiner Einführung als Bischof von Fulda am 12. Januar 1975 leitete er als Kapitularvikar das Bistum. In der Sorge für das Priesterseminar und Hochschule sah er seine wichtigsten Aufgaben. Frucht vielfältiger Bemühungen war die wachsende Zahl von Priesteramtskandidaten sowie 1978 die Erhebung der Hochschule zur Theologischen Fakultät Fulda. Am 1. Juli 1982 nahm Papst Johannes Paul II. das Rücktrittsgesuch von Bischof Schick an, der als Administrator das Bistum noch bis zur Amtseinführung seines Nachfolgers am 04.September 1983 leitete. In seinen zahlreichen Schriften hat Bischof Prof. Dr. Dr. Schick sich als ausgezeichneter Kenner der biblischen Botschaft erwiesen. Getreu seinem Wahlspruch "Veritatis victoria caritas" hat er deutlich gemacht, dass letztlich die Liebe alleiniger Beweis für die Echtheit und Reife des Glaubens ist. Die Heilige seiner Heimat, die Elisabeth von Thüringen, die Zweitpatronin des Bistums Fulda, war ihm dafür Zeugin und Bestätigung. Die Sorge um die Verkündigung des Gotteswortes hat ihn bis zuletzt nicht losgelassen. Seine Grundhaltung war jedoch stets von christlichem Optimismus geprägt, einer unerschütterlichen Zuversicht aus lebendigem Glauben, die weiterzugeben ihm sein ganzes Priesterleben Verpflichtung war.
100 Jahre Grotte in Mardorf
In Mardorf wurde die Grotte 1908 zur 50-Jahrfeier von Lourdes hinter der Kirche auf dem "Alten Friedhof" geweiht. Aus französischem Kalkstein wurden die Figuren der Maria und der Bernadette von dem Bildhauer Kaspar Schick gehauen.
Die Geschichte zum Marienwallfahrtsort Lourd
1858 erschien dem französischen Hirtenmädchen Soubirous nahe der Grotte Massabielle (= alter Fels) beim Fluss Gave du Pau wiederholt eine weißgekleidete Frau. Die Erscheinung offenbarte sich als die "unbefleckte Empfängnis". Während Bernadettes Visionen wurde in der Grotte eine Quelle freigelegt, deren Wasser bis heute als heilkräftig angesehen wird. Der Ort zieht seither Millionen von Pilgern an. Die Verehrung der Gottesmutter von Lourdes führte dazu, dass an zahlreichen Orten eine Nachbildung der Lourdesgrotte entstand.
Das Schwesternhaus St. Josef in Mardorf wurde bis zum August 2009 von den Schwestern des Ordens der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul geführt. Das 110 jährige Haus war bis zu diesem Zeitpunkt Wohn und Gebetsstätte der Schwestern. Gleichzeitig wurden alte Menschen in St. Josef betreut. Unter dem Dach des Schwesternhauses befindet sich seit 30 Jahren die Caritas Sozialstation, von der aus die ambulante Krankenpflege für die Großgemeinde Amöneburg koordiniert wird. Derzeit beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit der weiteren Nutzung des Gebäudes.